Wunderschnecke

Traumverbindung

Solarschnecke 1-3

Das wäre was: Wir essen ein paar Löffel Algen, legen uns in die Sonne und von der durch Photosynthese entstehenden Energie leben wir dann zehn Tage. Oder vielleicht zehn Jahre? Die Nacktschnecke Elysia chlorotica hat diese Idealverbindung verwirklicht. Verblüffend dabei ist, dass die im Atlantik lebenden Weichtiere schon länger unter Biologen bekannt waren, aber niemand diesen Photoeffekt bemerkte. Denn dass es vom aktiven Dasein einen Übergang in ein vegetatives Stadium geben soll, galt in der Biologie als nicht vorgesehen. Zwar gibt es Schnecken, die zum Beispiel Korallen verzehren, deren Giftstoffe in ihre eigene Körpersubstanz einbauen und sich damit einen Schutz vor Fressfeinden erwerben. Aber ein Tier, das Photosynthese betreibt? Das war bisher unbekannt. Forscher aus Ohio stießen auf diese Überraschung bei Gen-Untersuchungen, bei denen sie herausfinden wollten, wie es die Schnecke schafft, solange ohne Nahrung auszukommen. 

Transparenter Darm als Schlüssel  

Dabei ist die Lösung des Rätsels ganz einfach. Elysia chlorotica frisst mit Vorliebe die Alge Vaucheria litorea. Je mehr sie sich damit anfüllt, desto grüner wird sie und je länger kann sie davon leben. Und gut getarnt ist sie damit auch noch. Die Energiegewinnung geschieht durch die Einlagerung von mikroskopisch kleinen Zellorganellen, den Plastiden, in ihrem durchsichtigen Darm. James Manhart von der Universität Maine: „Die Schnecke ritzt ein kleines Loch in die Alge und saugt ihre Zellen aus. Die meisten Zellbestandteile verdaut sie, aber offenbar nicht die grünen Farbkörperchen.“ Denn irgendwann in der Evolution haben die Schnecken einige Algengene in ihr eigenes Erbgut eingebaut. Diese Gene ermöglichen es, die gestohlenen Farbkörperchen zur Photosynthese anzutreiben. Der Abgleich der DNA der betreffenden Algen und der Seeschnecke wies identische Sequenzen auf. Horizontaler Gentransfer von Pflanze zu Tier war bisher nicht bekannt.

Für Menschen keine Option

Der Gendieb Elysia chlorotica bewahrt die Erbanlagen, die ihn zur Photosynthese befähigen, in seinen Geschlechtszellen auf und kann sie vererben. Die Chloroplasten bleiben aktiv und ermöglichen ein biologisches Wunder: Die Seeschnecke frisst sich nach der Geburt einmal richtig voll und hat damit den Grundstein des Energievorrats für ein ganzes Leben angelegt.

Könnten Menschen davon profitieren? Mary Rumpho, die maßgeblich an der Erforschung an der Universität von Maine beteiligt ist, macht wenig Hoffnung: „Unser Verdauungstrakt zersetzt sowohl die Chloroplasten als auch die nötige DNA. Die Photosynthese wird beim Menschen nicht funktionieren.“